Nachdem die Oberbürgermeisterwahl in Duisburg vorverlegt wurde, präsentieren die CDU und einige Wählergemeinschaften einen gemeinsamen „unparteiischen“ Oberbürgermeisterkandidaten. Seifenblase oder ein wirklicher Aufbruch in bessere Zeiten für Duisburg?
Nach der Ankündigung unseres Oberbürgermeisters Sören Link (SPD), vorzeitig sein Amt niederzulegen, um für den 24.09.2017 den Weg für Neuwahlen zu ebnen, rollte die Empörungswelle quer durch alle anderen etablierten Parteien. Zu Recht? Ich bezweifle das. Denn es ist doch die CDU, welche seit einer gesamten Legislaturperiode zusammen mit der SPD alles durchstimmt, u. a. auch eine saftige Erhöhung ihrer eigenen Fraktionsbezüge auf Kosten der Steuerzahler. Kurze Zeit darauf folgte durch die CDU eine Nominierung eines „unparteiischen“ Kandidaten. Gutes Marketing oder frisst der Teufel zur Not auch Fliegen? Ich würde mich eher der Teufelstheorie anschließen wollen, weiß man doch faktisch gesehen, dass die CDU keine andere Alternative hatte. In diesem Punkt unterscheidet sich die CDU im Übrigen kein bisschen von den kleinen Parteien und Wählergemeinschaften, welche allesamt auch keinen adäquaten und vorzeigbaren Oberbürgermeisterkandidaten haben. Warum? Weil sie es allesamt seit Jahren verpennen, sich komplett neu aufzustellen.
Viel zu sehr frisst sich die persönliche Angst durch die Parteien und Wählergemeinschaften, dass es zu Mandatsverlusten kommen könnte. Auf diese Angst folgt die Verantwortung als Partei, Entscheidungen im Sinne der Duisburger zu treffen. Diese Angst verhindert also die Neuausrichtung und sorgt schlussendlich für eine Unwählbarkeit. Wie parteilos ist aber der parteilose nominierte Oberbürgermeisterkandidat wirklich? Ein Blick in seine Vita eröffnet: ehemaliger Grüner. Verstehe mich nicht falsch, aber parteilos ist wirklich nur dann parteilos, wenn ich niemals einer Partei angehört habe. Im Übrigen, dies gilt auch für mich. Wenn ich behaupten würde, ich wäre parteilos, würde ich mich selbst gnadenlos einer Lüge bezichtigen. Immerhin gehörte ich meiner ehemaligen Partei aufgrund meiner eigenen Überzeugungen an. Würde ich jetzt in diesem Moment erwidern, dass ich heute komplett andere Ansichten habe, dann würde ich schlichtweg die Frage beantworte müssen: Warum warst Du dann überhaupt in Deiner ehemaligen Partei?
Und nun kommen wir zum eigentlichen Problem der parteilosen Nominierung. Bis heute kennt man ausschließlich seinen Namen, weiß von seiner ehemaligen Parteimitgliedschaft und das er städtisch verwurzelt war. Ich meine auch noch gelesen zu haben, er sei verheiratet. Leute, echt jetzt? Ist das Euer ernst? Für mich basiert eine Kooperation immer auf einem gemeinsamen sachlichen Nenner. Der Nenner muss völlig sachlich und pragmatisch erarbeitet werden, erst dann kann ich einer Zusammenarbeit zustimmen und diese in meinem Namen vertreten. Das momentane Bild ist Folgendes: überparteilicher Oberbürgermeisterkandidat ohne Inhalte. Ganz ehrlich? Da wähle ich doch lieber Sören Link erneut zum Oberbürgermeister! Da weiß ich wenigstens, was ich bekomme und was ich genau im Einzelnen wähle.
In meinem politischen Sachverständnis und Gespür kreuzen gerade viele Fragen auf. Ein Mandat, egal ob parteiloser oder jemand der in einer Partei aktiv mitwirkt, bekommt man niemals ohne Geschenke – bzw. Zugeständnisse. Dies setzt eine gewisse Nähe zu Inhalten voraus, welche man gemeinsam vorab erarbeitet hat. Die Nominierung wirkt derzeit auf mich nicht sach- und themenbezogen, sondern basiert dem Anschein nach auf: Link, muss weg! Egal wie! Knastrevolution! Ich hätte niemals in meinem Leben gedacht, dass ich eine CDU dabei beobachten darf, dass sie dem LINKEN Spektrum die Show klauen. Denn selbst DIE.LINKEN gehen einen völlig normalen und konservativen Weg und stellen einen Kandidaten auf – wie im Übrigen die FDP auch.
Die Kooperation und der Gedanke, einen parteilosen ins Rennen zu schicken mag von den besagten Parteien und Wählergemeinschaften wirklich löblich zur Kenntnis genommen werden. Aber in Sachen Marketing müssen wir noch mal miteinander reden. Vor allem müssen wir aber auch über Duisburgs Anspruch reden, der nach dieser Nominierung nun wie folgt definiert ist: parteiloser Kandidat, ohne Inhalt. Kooperationen und Unterstützungen sind zugesagt. Inhaltliche Ausrichtung in Gesprächen mit allen beteiligten Parteien und Wählergemeinschaften? Unbekannt. Wie gesagt, es wirkt wie eine trotzige Knastrevolution, die ein Ziel vor Augen hat, aber nicht klar definiert, was nach dem Erreichen des Ziels kommen wird.
Würdest Du mich fragen, ob ich den parteilosen Kandidaten wählen würde, wenn er nun ein Konzept vorlegt, würde ich Dir antworten: Nein! Denn er hat einer der größten Fehler gemacht, die man in der Politik machen kann: Er hat allem Anschein nach, keine inhaltliche Entscheidung getroffen, sondern wird im Nachgang die jeweiligen Inhalte einer jeden Partei und Wählergemeinschaft aufoktroyiert bekommen. „Nein“ sagen, ist dann nicht mehr möglich. Hierfür hätte er einen klaren Ziel- und Richtungskurs vorab ausloten und debattieren müssen, und zwar mit allen Parteien und Wählergemeinschaften. Anhand dieser überfraktionellen Diskussionen und Debatten, hätte er sich dann weiter ausrichten müssen. Nun ist er nominiert, eventuell mit einem groben Fahrplan, mit welchem er sich bei allen vorgestellt hat. Dieser Fahrplan wird jedoch immer wieder und ziemlich flexibel durch jeden einzelnen Wunsch umgebaut werden müssen. Denn immerhin wird ohne die Zustimmung des Stadtrates, nicht ein einziger Bleistift gekauft werden können. Und ach, bevor ich es vergesse: Wer glaubt, dass Dezernenten zukünftig auch alle parteilos sind, dem sei gesagt: Sie müssen durch den Stadtrat gewählt werden.